Für die eindeutige Identifikation der Pflanzen für praktische Zwecke ist es sinnvoll, im binären System der Nomenklatur die Artzugehörigkeit der Pflanze festzulegen. Dazu ist es in der Praxis zweckmäßig morphologische Kriterien heranzuziehen.
Diese unterliegen wiederum einer gewissen Systematik. Wir begnügen uns also nicht damit zu sagen „diese Pflanze schaut aus wie Salvia officinalis, weil halt Salvia officinalis so ausschaut“, sondern wir können die Pflanze genau beschreiben. Für diese Beschreibung ist wiederum eine Nomenklatur der makroskopischen Pflanzenanatomie nötig, die im Folgenden dargestellt wird.
Für die meisten der in der Pflanzenheilkunde vorkommenden Pflanzen gilt, dass sie Kormophyten sind. Das bedeutet, dass sie aus folgenden Grundorganen bestehen:
Alle Teile eines Kormus können als Sonderformen eines dieser drei Organe aufgefasst werden.
Folgende Eigenschaften charakterisieren eine Wurzel:
Die Hauptaufgaben von Wurzeln sind:
Es gibt Sonderformen und zusätzliche Funktionen von Wurzeln, wie z.B. Speicherung und Produktion von sekundären Pflanzenstoffen.
Für die einfache Erkennung von Pflanzen für unsere praktischen Zwecke haben Wurzeln nur selten Bedeutung. Wir werden respektvoll und achtsam mit den Pflanzen umgehen und nicht aus bloßem Interesse Wurzeln aus dem Boden bloßlegen.
Die Sprossachse verbindet die beiden der Ernährung dienenden anderen Grundorgane Wurzel und Blatt miteinander, stabilisiert die Blätter und bewegt sie möglichst günstig zu den Umweltbedingungen (z.B. in Richtung Licht) und transportiert Wasser, Nährstoffe und Assimilate.
Typische Formen von Sprossachsen sind: Stamm, Stengel, Halm, oder Schaft.
Es gibt auch Sonderformen.
Hingewiesen sei z.B. auf das Rhizom, das als Sonderform der Sprossachse einer Wurzel ähnelt und in der Pflanzenheilkunde traditionell auch als Radix (= Wurzel) bezeichnet wird. Ein Beispiel wäre die Droge „Radix zingiberis“, also „Ingwerwurzel“, die botanisch korrekt keine Wurzel, sondern ein Rhizom ist.
Weitere Sonderformen von Sprossachsen sind Knollen (z.B. Kartoffel), Rüben (z.B. blauer Eisenhut), Zwiebeln (Internodien extrem verkürzt, Speicherung in fleischigen Niederblättern) oder Dornen.
Blätter sind seitliche Auswüchse der Sprossachsen. Sie sind meist flächig und ihre Grundaufgabe sind die Photosynthese und die Transpiration.
Außer der Grundform des Blattes gibt es Sonderformen. Besonders wichtig sind dabei die Blätter der Blüte: Kelchblätter (Sepalum), Kronblätter (Petalum), Staubblätter (Stamen) und Fruchtblätter (Karpell).
Andererseits gibt es umgeformte Sprossanteile, die wie Blätter aussehen. Genannt seien als Beispiel die Phyllokladien (flächig verbreiterte Kurztriebe) des Mäusedorns (Ruscus aculeatus)
Die Blätter inklusive die Blütenbestandteile sind für die eindeutige Identifikation der Pflanzen von herausragender Bedeutung.
Die Nomenklatur der wissenschaftlichen Pflanzenanatomie unterscheidet sich von der vom einfachen morphologischen Eindruck abgeleiteten traditionellen Nomenklatur, weshalb diese getrennt dargestellt werden muss.
Die Wurzel/Radix ist in der Pflanzenheilkunde als Drogenlieferant wichtig.
Als Wurzel/Radix werden traditionell die meisten unterirdischen Pflanzenteile bezeichnet, obwohl es sich pflanzenanatomisch gelegentlich um Sprossanteile (Kaulom) handelt.
Traditionell in der Pflanzenheilkunde werden Blüten (flos) und Blätter (folium) getrennt voneinander betrachtet, obwohl pflanzenanatomisch die Blüte ja aus hochspezialisierten Blättern auf einem gestauchten Stammanteil bestehen.
Aus diesem Grund werden Blatt (folium) und Blüte (flos) in jeweils eigenen Abschnitten dargestellt.
Ebenso sind die Früchte nicht anatomisch definiert. Als Frucht bezeichnet man die Blüte von Angiospermen (Bedecktsamern) im Zustand der Samenreife.
Die Wurzel/Radix entspricht zuallererst dem unter Pflanzenanatomie Gesagten.
Daneben können aber auch Sprossanteile Sonderformen z.B. Rüben, oder ein Rhizom bilden. Darauf wurde bei der Beschreibung des Sprosses bereits kurz hingewiesen. In der Pflanzenheilkunde wird das Rhizom aber oft einfach als „Wurzel“ „Radix“ bezeichnet, weil das Rhizom eben wenn man eine Pflanze aus der Erde zieht und nicht ganz genau auf die pflanzenanatomischen Eigenschaften untersucht, wie eine Wurzel ausschaut. (z.B. „Radix cingiberis“ „Ingwerwurzel“ müsste pflanzenanatomisch korrekt als „Rhizom“ bezeichnet werden) Darauf gehe ich im Einzelfall bei der Beschreibung der Pflanzen ein.
Die ebenfalls als Droge (Stipes, z.B. Stipites dulcamarae), aber vor allem zur Identifikation wichtige Sprossachse wird bei der Besprechung der einzelnen Pflanzen näher charakterisiert. In der Pflanzenheilkunde finden überwiegend Pflanzen Verwendung, die eine Sprossachse in Form eines Stengels, oder Stammes aufweisen. Außer den ganzen Stengeln werden auch Teile des Stammes, nämlich die Rinde (z.B. Cortex quercus/Eichenrinde) verwendet.
Pflanzenanatomisch wird das Blatt als Organ Phyllom genannt. In der Pflanzenheilkunde werden das Blatt und somit auch die Blattdroge als „Folium“ bezeichnet.
Beim Blatt wird das Unterblatt (Hypophyll), bestehend aus Blattgrund und den Nebenblättern (Stipulae) vom Oberblatt (Epiphyll) bestehend aus Blattstiel (Petiolus) und Blattspreite (Lamina) unterschieden.
Als Blattgrund oder Blattbasis bezeichnet man den untersten Teil, mit dem das Blatt der Sprossachse ansitzt.
Nebenblätter (Stipulae) sind seitliche, zipfel- oder blattartige Auswüchse des Blattgrundes. Sie sind ein für die Identifikation von Pflanzen wichtiges Merkmal.
Der Blattstiel (Petiolus) reicht vom Blattgrund meist bis zur Lamina. Er ist meist nur bei Laubblättern ausgebildet und fehlt bei Einkeimblättrigen und bei vielen Koniferen.
Für die Beschreibung und Identifikation werden die Blattspreite, der Blattrand, der Blattansatz, die Nervatur und die Blattstellung verwendet.
Die Blattspreite (Lamina) bildet den auf den ersten Blick auffälligen flächigen Teil des Blattes. Die Lamina dient vor allem der Photosynthese und Transpiration.
Die meisten Laminae sind von Leitbündeln in Form der Nervatur durchzogen.
Die Nervatur ist bei Einkeimblättrigen meist parallel.
Bei Zweikeimblättrigen besteht meist eine kompliziertere Netznervatur.
Bei Farnen und bei Ginko ist die Nervatur fächerartig.
Auf den ersten Blick kann die Blattspreite (Lamina) entweder einfach, oder zusammengesetzt (=gefiedert) sein.
Einfache Blattspreiten können ungeteilt, gelappt oder zerteilt sein. Diese Grundformen können wieder näher beschrieben werden.
Die Elemente von zusammengesetzten Blättern sind Fiederblätter, Rachis (=Blattspindel), Blattstiel und ggf. Unterblatt mit Stipeln.
Bei den gefiederten Blättern unterscheiden wir pinnate, digitate und pedate Fiederungen.
Der Blattrand kann folgende Merkmale aufweisen (Unterformen werden abgegrenzt):
Die Blüte (Flos) kann pflanzenanatomisch als eine Anzahl von Sonderformen von Blättern auf einem Kurzspross angesehen werden.
In der praktischen, morphologisch orientierten Betrachtung wird die Blüte jedoch völlig eigenständig behandelt und hat eine herausragende Bedeutung.
Schon jetzt sei darauf hingewiesen, dass das, was der Laie oft als Einzelblüte wahrnimmt, in Wirklichkeit ein Blütenstand (Infloreszenz), also eine charakteristische Ansammlung aus vielen kleinen Einzelblüten ist. Darauf wird weiter unten näher eingegangen.
Im Wesentlichen ist die Blüte das Organ, in dem die weiblichen (Eizelle im Fruchtblatt) und männlichen (Pollenkörner in Pollensäcken in den Staubblättern) Reproduktionsorgane lokalisiert sind.
Das Perianth kann einfach, aus mehr oder weniger gleichartigen Tepalen („Blütenblättern“) aufgebaut sein, wie es für Monokotyledonen (=einkeimblättrige Pflanzen) typisch ist und heißt dann Perigon.
Das doppelte Perianth der zweikeimblättrigen (Dikotyledonen) besteht aus Kelch- (Sepalen) und Kronblättern (Petalen).
Der Bau der Blütenhülle wird danach unterschieden, ob eine, zwei oder viele Symmetrieebenen gelegt werden können. Blütenhüllen mit nur einer Symmetrieebene heißen zygomorph, solche mit zwei Symmetrieebenen dimorph, solche mit unendlich vielen Symmetrieebenen nennt man radiärsymmetrisch.
Das Perianth oder Perigon hüllt die männlichen und weiblichen Reproduktionsorgane ein. Die weiblichen Reproduktionsorgane in ihrer Gesamtheit heißen Gynoeceum, die männlichen Androeceum. Nach der Befruchtung reift das Gynoeceum der Bedektsamigen (Angiospermen) zur Frucht heran. Der Same der Naktsamigen (Gymnospermen) liegt frei und wird nicht als Frucht bezeichnet, obwohl manche morphologisch durchaus an eine Frucht erinnern können (z.B. „Beeren“ der Eibe, oder „Beerenzapfen“ des Wacholders).
Die Fruchtblätter (Karpell) stellen geschlossene Blätter dar, an deren Innenrändern die Samenanlagen (Plazenten) liegen.
Die Zahl der Fruchtblätter ist meist an der Narbe oder im Querschnitt erkennbar.
Das Fruchtblatt gliedert sich in die Narbe (Stigma), den Griffel (Stylus) und den Fruchtknoten (Ovar) der die Samenanlage (Plazenta) enthält.
Nach seiner Stellung wird der Fruchtknoten als oberständig, unterständig, oder mittelständig bezeichnet.
Als Androeceum bezeichnet man die Gesamtheit der männlichen Sexualorgane einer Blüte, also eine unterschiedlich große Anzahl von Staubblättern (Stamina).
Als Frucht bezeichnet man die Blüte von Angiospermen (Bedecktsamern) im Zustand der Samenreife.
Die Früchte sind von einem Karpell (Fruchtblatt) umhüllt und in einen Fruchtknoten eingeschlossen. Die Karpelle bilden die Fruchtwand (Perikarp). Das Perikarp gliedert sich in das Exokarp, das Mesokarp und das Endokarp. An der endgültigen Gestalt der Frucht können aber auch andere Organe, wie Blütenachsen oder Tragblätter beteiligt sein.
Eine einfache Einteilung erfolgt nach folgendem Schema: